Bibliothek unter freiem Himmel

Das Staatliche Bauamt Passau hat die Neugestaltung des Lesesaals der Staatlichen Bibliothek Passau bis auf wenige Restarbeiten abgeschlossen. Der Betrieb des Lesesaals wurde bereits wieder aufgenommen.

Ein raffiniert konstruier­tes Faltwerk aus Stahl und Glas überspannt jetzt den über 19 m langen und 11 m breiten Innenhof des ehem. Jesuitenkollegs, der heute als Bibliotheks-Lesesaal genutzt wird. Eine Besonderheit ist die neue Verglasung der Dachkonstruktion, die nicht nur die Aufgaben des Wetter- und Wärmeschutzes übernimmt: Elektrisch schaltbare Funktionsgläser sorgen für Sonnenschutz und Blendfreiheit.

Die alte, in den frühen 1970er Jahren als Walmdach errichtete Glasüberdachung war an verschiedenen Stellen undicht geworden und musste nach mehr als 40 Jahren erneuert werden. Aufgrund der eingeschränkten Tragfähigkeit der Stahl-Glas-Konstruktion war ein wirtschaftlicher Austausch von Dichtungen oder Glaselementen nicht möglich und auch die Wärmedämmeigenschaften des alten Glasdaches genügten nicht mehr den heutigen Anforderungen. Bei der Neukonzeption des Glasdaches wurde die bisherige Walmdachform aufgegeben. Stattdessen entwickelte das Ingenieurbüro Haushofer aus Markt Schwaben zusammen mit dem Architekturbüro Schmied aus Passau im Auftrag des Staatlichen Bauamts Passau ein gefaltetes Dachtragwerk, das auf die Dimensionen in der Dachlandschaft der Passauer Altstadt Rücksicht nimmt, gleichzeitig großflächige störende Reflexionen bei der Betrachtung von den umliegenden Anhöhen aus vermeidet und in dieser Ausführung auch die Zustimmung der Denkmalpflege fand.

Für die Staatliche Bibliothek Passau bringt die neue Glasdachkonstruktion aber auch funktionale Verbesserungen: Der Lesesaal erhält künftig mehr Tageslicht und erfüllt nun die aktuellen Anforderungen an den Wärmeschutz. Durch die Erneuerung des Glasda­ches lässt sich der bisherige CO2-Ausstoß gegenüber dem Bestand um rund 20 Tonnen pro Jahr reduzieren. Wegen der Einsehbarkeit der Dachlandschaft wurde zudem auf ei­nen außenliegenden Sonnenschutz verzichtet. Stattdessen ist die Verglasung mit elektrisch schaltbaren Funktionsgläsern ausgestattet, die auch die Aufgaben des Sonnen­schutzes übernehmen und für Blendfreiheit im Lesesaal sorgen. Ein neues Be­leuchtungskonzept mit Lichtleisten über den Gesimsen leuchtet den Lesesaal weitgehend über indirektes Licht aus und ist gleichzeitig Objektbeleuchtung für die imposante Glaskonstruktion. Mit dem neuen Glasdach ist der Lesesaal nach der Sanierung auch wieder als barocker Innenhof erlebbar, was er zu Zeiten des ehem. Jesuitenkollegs einmal war: Sozusagen eine Bibliothek unter freiem Himmel.

Im Rahmen der seit Mitte 2015 durchgeführten Baumaßnahmen wurde aber nicht nur eine neue Glasdachkonstruktion errichtet. Der Lesesaal wurde ebenfalls saniert und neu gestaltet, hinsichtlich Brandschutz und Barrierefreiheit ertüchtigt, die Bücherregalwände und der Treppenaufgang zu den Galerien in Eichenholz neugestaltet und Jura-Kalksteinplatten als Bodenbelag eingebaut. Da die Heizungsanlage durch das Hochwasser 2013 beschädigt worden war, wurde im Zuge der Sanierung auch die Heizung erneuert und dabei von Heizöl auf Gas als Brennstoff umgestellt.

Die Sanierung blieb auch vor unangenehmen Überraschungen nicht verschont: Beim Rückbau des Bodenbelags wurde Teerkork entdeckt, ein Baustoff, der früher als Wärme- und Schallisolierung verwendet wurde. Teerkork ist stark PAK-haltig (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe), nachweislich gesundheitsschädlich und heute als Baustoff verboten. Für die Entsorgung musste eine sog. „Schwarz-Weiß“-Baustelle mit aufwändigen Schutzmaßnahmen für die Handwerker eingerichtet werden, verbunden mit zusätzlichen Kosten und monatelanger Unterbrechung der Baumaßnahme.

Die Gesamtbaukosten der Baumaßnahme betragen rund 3,3 Mio. Euro.

Die Staatliche Bibliothek Passau geht zurück auf die Büchersammlung des 1612 gegrün­deten Passauer Jesuitenkollegs und ist damit eine der ältesten öffentlichen Bücher­sammlungen Deutschlands. Mit der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 ging die Biblio­thek in den Besitz des Passauer Hochstifts über und nannte sich fortan „Fürstbischöfliche Akademische Bibliothek“. Nur drei Jahrzehnte später fiel die Sammlung durch die Säkula­risation 1803 an den bayerischen Staat und wurde zur Aufnahmestelle für die ebenfalls aufgelösten geistlichen Bibliotheken von Stadt und Umland. Das heutige Gebäude der Staatlichen Bibliothek wurde 1690/93 als Seminargebäude für den Jesuitenorden errich­tet. Im Jahr 1967 ging das denkmalgeschützte Gebäude in den Besitz des Freistaats Bayern über.

gez. Pressestelle

 

Ein neues  raffiniert konstruiertes Faltwerk aus Stahl und Glas macht den Lesesaal der Staatlichen Bibliothek Passau auch als Innenhof des ehem. Jesuitenkollegs wieder erlebbar. Elektrisch schaltbare Funktionsgläser übernehmen die Aufgaben des Sonnenschutzes und sorgen für Blendfreiheit im Lesesaal
Ein neues raffiniert konstruiertes Faltwerk aus Stahl und Glas macht den Lesesaal der Staatlichen Bibliothek Passau auch als Innenhof des ehem. Jesuitenkollegs wieder erlebbar. Elektrisch schaltbare Funktionsgläser übernehmen die Aufgaben des Sonnenschutzes und sorgen für Blendfreiheit im Lesesaal © Staatliches Bauamt Passau