50 Jahre Dauerbelastung: Die Schanzlbrücke ist in keinem guten Zustand
Die erforderlichen Arbeiten zu planen und dann auch auszuführen wird eine große Herausforderung an die Brückenbauabteilung am Staatlichen Bauamt und die beteiligten Büros, in der Umsetzung dann auch an alle Verkehrsteilnehmer in und um Passau.
Das lässt schon ein Blick zurück in die Baugeschichte erahnen. Eine Vorgabe bei der Planung der Brücke war, dass das fertige Bauwerk den Blick auf das Stadtbild nicht beeinträchtigen sollte. Zudem sollte auf die vorhandene Bebauung Rücksicht genommen werden. Weil die Brücke auch die Schifffahrt auf der Donau nicht beeinträchtigen sollte, waren keine Pfeiler im Fluss möglich.
Die Verantwortlichen entschieden sich damals für den Bau einer sogenannten Deckbrücke. Zwei in die Donau reichende Kragarme aus Spannbeton mit dazwischen eingehängtem Stahlträger tragen die Fahrbahn. Diese Konstruktion ermöglichte die niedrige Bauweise der Schanzlbrücke: Weder Seilkonstruktionen noch Brückenbögen oder Stahlträger blockieren die Sicht auf die Stadt.
Dieser optische Gewinn bringt Nachteile bei Wartungs- und Reparaturarbeiten: Die Hohlkästen aus Beton unter den Rampen am Nord- und Südufer der Donau sind sehr niedrig und eng, Arbeiten können nur in gebückter Haltung und mit wenig Bewegungsfreiheit ausgeführt werden. Bei der Brückenprüfung zeigte sich, dass in allen Hohlkästen die Bewehrung großflächig freigelegt ist. Das hat zu Korrosionsschäden geführt, die dringend saniert werden müssen. In den Hohlkästen der Rampen ebenso wie auf der gesamten Brücke sind Abplatzungen am Beton zu verzeichnen, ebenso Längs- und Querrisse. Auch die Bodenplatte weist Schäden und Hohlstellen auf. An den Stellen, wo der Stahlträger auf den Kragarmen aufliegt, sind ebenfalls großflächige Betonabplatzungen aufgetreten.
Beton und Stahl sind langlebige Baustoffe. Doch trotz ihrer hohen Stabilität treten auch hier Ermüdungserscheinungen auf. Eindringendes Wasser löst den Zement allmählich auf, die Stahlbewehrung wird freigelegt, beginnt zu rosten – das geht zu Lasten der Stabilität.
Diese „normale“ Materialermüdung wird durch das Verkehrsaufkommen verstärkt. Das seit Jahren hohe Verkehrsaufkommen übertrifft bei den meisten Brücken bei weitem die Lastannahmen, von denen die Planungen beim Brückenbau in den 1970er Jahren ausgingen. Das betrifft vor allem den Schwerlastverkehr: Als die Schanzlbrücke vor 50 Jahren für den Verkehr freigegeben wurde, war das zulässige Gewicht eines Lkw auf 20 Tonnen begrenzt, heute liegt es bei 40 Tonnen. Rechnerisch gesehen beansprucht ein Lkw mit 40 Tonnen Gewicht die Fahrbahn genauso wie 40.000 Pkw.
Das Verkehrsaufkommen auf der Schanzlbrücke ist mit 30.423 Fahrzeugen pro Tag im Jahr (ermittelt bei der Verkehrszählung 2015) ähnlich hoch wie auf der Autobahn A 3: Im gleichen Zeitraum wurden an der Anschluss-Stelle Passau-Nord 32.814 Fahrzeuge und bei Passau-Süd 37.749 Fahrzeuge pro Tag gezählt.
Unser Ziel ist es natürlich, einen Ersatzneubau zu vermeiden. Dies hängt jedoch auch davon ab, ob sich eine Sanierung wirtschaftlich umsetzen lässt. Derzeit gehen wir davon aus, dass wir die gravierenden Schäden an verschiedenen Bereichen des Bauwerks Stück für Stück instandsetzen werden. Mit welchen verkehrlichen Einschränkungen die Bürger rechnen müssen, können wir erst nach Abschluss der Nachrechnung für die gesamte Brücke sagen. Dann lässt sich planen, welche Arbeiten von innen oder von unten erledigt werden können, ob einzelne Spuren oder einzelne Rampen gesperrt werden müssen oder sogar halbseitige Sperrungen erforderlich sind. Passau wird also wohl einige Jahre mit Baustellen auf der Brücke leben müssen.